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„Nobody Wants This“: Staffel 2 der Netflix-Serie hätte man sich sparen können

Nobody Wants This mit Adam Brody und Kristen Bell, Staffel 2 | © Netflix
"Nobody Wants This": Diese Serie verliert in Staffel 2 ihren ganzen Zauber.
© Netflix

"Nobody Wants This" gehört für mich zu den besten Netflix-Originalserien des letzten Jahres. Allein bin ich damit nicht. Laut Deadline wurde die erste Staffel bereits in den ersten 11 Tagen rund 26,2 Millionen Mal gestreamt und kletterte nach nur einer Woche auf Platz 1 der Netflix-Charts. Podcasterin Joanne (Kristen Bell) und Rabbi Noah (Adam Brody) wurden zum Gesprächsthema Nr. 1 und verkörperten das Idealbild einer gesunden Beziehung. Dass Staffel 2 bestätigt wurde, war eigentlich nur reine Formsache. 

Ein Jahr später, am 23. Oktober, sind die neuen Folgen erschienen. Ich konnte es kaum erwarten, die Feel-Good-Serie weiterzuschauen und war umso enttäuschter über die Fortsetzung. Meiner Meinung nach hätte man sich Staffel 2 sparen können. 

„Nobody Wants This“ Staffel 2: Der Anfang vom Ende

Staffel eins beginnt damit, dass Joanne in ihrem Podcast darüber schwärmt, dass sie eine glückliche und gesunde Beziehung mit einem erwachsenen Mann führt. Die erste verliebte Kennenlernphase entwickelt sich zum routinierten Pärchen-Alltag, indem man gemeinsam kocht, abends beim Seriengucken einschläft und gute Freunde zum Abendessen einlädt. 

Zumindest ist das Joannes Ansicht, denn Schwester Morgan (Justine Lupe) wirft direkt ein, dass sich die beiden kaum kennen und noch einiges zu klären haben. Wie sich herausstellt, behält sie recht. Denn auf der Dinnerparty platzt direkt die große Bombe:

Joanne denkt, das Thema Konvertieren sei für immer „tiefgefroren“, während Noah davon ausgeht, es wäre nur vorübergehend „auf Eis gelegt“. Ups. 

Doch anstatt das Konvertieren-Thema, das im Übrigen auf den wahren Erfahrungen von Serienschöpferin Erin Foster basiert, mit ebenso viel Leichtigkeit und spitzem Humor wie in Staffel eins zu erzählen, wird die Serie von Episode zu Episode bitterer und enttäuschender. 

Aus dem einst besonderen Paar werden zwei Figuren, wie wir sie schon zu oft in Serien gesehen haben: Sie sind unehrlich zueinander, unehrlich zu sich selbst. 

Noah und Joanne verlieren ihre Leichtigkeit

Es ist genau das passiert, was ich befürchtet habe. Die erste Staffel war so wholesome und toll, dass es wahnsinnig schwer war, diese noch zu toppen – geschweige denn, mit ihr mitzuhalten. Es wurde so viel Drama hinzugefügt, dass die Serie genau das verloren hat, was sie in Staffel eins so einzigartig gemacht hat: ihre Leichtigkeit, ihre Coziness, ihren RomCom-Charakter. 

„Nobody Wants This“ war endlich mal eine Serie, die nicht unnötig Drama stiften will, sondern echte und authentische Konflikte zeigt. Die einem – gerade in unsicheren Zeiten wie diesen – ein Stückchen Sicherheit gibt und sich anfühlt wie eine weiche Decke, in die man sich einkuscheln möchte. 

Die Magie, der Zauber aus der ersten Staffel ist verloren. Noah und Joanne drehen sich im Kreis, zeigen im Umgang miteinander immer mehr Red Flags und die einst weiche Decke fühlt sich auf einmal schwer und erdrückend an.

Selbst die großartige Chemie zwischen Adam Brody und Kristen Bell kann nichts daran ändern, dass Noah und Joanne ihre Leichtigkeit verloren haben. 

Besonders negativ aufgestoßen, ist mir das Gespräch zwischen Noah und seiner Ex-Freundin Rebecca (Emily Arlook). Wie sich herausstellt, neigt unser perfekter Rabbi zum Love Bombing und anschließendem Ghosting. Ich verstehe, dass man seinem Charakter mehr Ecken und Kanten geben wollte, nachdem er in der ersten Staffel unrealistisch perfekt war. Doch in manchen Szenen wirkt er wie ausgetauscht und kaum wiederzuerkennen.

Adam Brody und Kristen Bell in Nobody Wants This, Staffel 2 | © Netflix
Noah und Joanne müssen in der zweiten Staffel gleich mehrere Krisen bewältigen.
Foto: Netflix

Alles bricht zusammen

Weil Noah und Joanne vermeintlich nicht genug Drama liefern, muss es zwischen den anderen Protagonisten ebenfalls kriseln. Während Esther (Jackie Tohn) und Sasha (Timothy Simons) noch versuchen, ihre Ehe zu retten, scheitern sie im Staffelfinale und die stabilste Beziehung der Serie zerbricht.

Auch mit der Storyline von Morgan und ihrem Therapeuten-Freund haben sich die Serienmacher*innen in meinen Augen keinen Gefallen getan. Als Zuschauer*in tut man sich zunehmend schwer damit, Morgans Verhalten nachvollziehen zu können. Die schwesterliche Rivalität zwischen Morgan und Joanne nimmt zwischenzeitlich so toxische Züge an, dass man sich immer mehr fragt, was aus der starken Bindung der beiden geworden ist. 

Hin und wieder blitzt eine andere, weiche Seite von Morgan auf, zum Beispiel in ihrem Gespräch mit Noahs Mutter Bina (Tovah Feldshuh) oder, wenn sie mit Sasha zusammen ist. Wir wollen mehr von dieser Morgan sehen! 

Die Freundschaft zwischen Noahs Bruder und Joannes Schwester zählt zu den wenigen Dingen, die sich positiv in der zweiten Staffel entwickelt hat. Die beiden machen mit ihrer Chemie Noah und Joanne ernsthaft Konkurrenz. 

Kristen Bell als Joanne in Nobody Wants This | © Netflix
"Nobody Wants This" Staffel 2 hinterlässt beim Zuschauen einen bitteren Nachgeschmack.
Foto: Netflix

Die kleinen Lichtblicke in Staffel 2 

Warum ich nicht ausgeschalten habe, lag an mehreren kleinen Momenten. Als Noah einen Nachttisch für Joanne kauft, damit sie mehr Platz für ihre Skincare und Schlaf-Essentials hat. Lieben wir! Wo ist dieser Noah in all den anderen Folgen?

Als Adam Brodys Ehefrau Leighton Meester einen Gastauftritt hat und man als Millennial einen Moment von Nostalgie genießt, wenn die 2000er-Serienstars den Bildschirm teilen. Als Sasha für Esther einen superpeinlichen und gleichzeitig supersüßen Tanz einstudiert, um ihrer Ehe mehr Abenteuer einzuhauchen. Als Mama Lynn ihre Tochter Morgan davor warnt, sich blindlings in eine Ehe zu stürzen, aus Angst davor, allein zu bleiben. 

Diese Szenen zeigen, was Zuschauer*innen an Staffel eins geliebt haben. Und wir hätten uns mehr von diesen magischen Momenten in Staffel zwei gewünscht. Doch was haben wir stattdessen bekommen? Ein Drama nach dem anderen. Nobody wants this! 

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