Gewichtszunahme, Wassereinlagerungen: Außerhalb der Pumper-Bubble hat Kreatin nicht gerade den besten Ruf. Ich habe mich nach Jahren überwunden – und hätte diese Dinge gerne vorher gewusst!
Weiß, sandig, geschmacklos: Besonders attraktiv wirkt Kreatin nicht gerade. Doch wer dem Makrokosmos aus Hantelscheiben, Kabeltürmen und perfektem Licht angehört, schwört darauf. Kreatin, das am besten erforschte Supplement, soll deine Kraftwerte boosten und deine Muskeln praller aussehen lassen.
Für Fitness-Fans mit Trainingstagebuch sicher nice to have, aber was ist mit den Gelegenheits-Gymgänger*innen? Den Pilates-Fans, den Ausdauer-Sportler*innen? Und vor allem den Berufstätigen, die Sport nur gelegentlich in den Alltag einbauen?
Ein Jahr und 4 Monate. So lange lag die schwarze Dose mit dem weißen Pulver in der hinteren Ecke meines Küchenschranks. Gekauft habe ich es aus Interesse, angerührt nie.
Als Cardio Bunny mit Leidenschaft für lange Strecken war meine Logik: Kreatin zieht Wasser in die Muskeln – das Wasser muss ich dann beim Laufen mitschleppen – Laufen wird anstrengender und ich langsamer. Wer PMS-bedingt auch gern mal mit Wassereinlagerungen zu tun hat, kann sich die Struggles sicher auch vorstellen.
Irgendwann hat es aber Klick gemacht. Vor 5 Monaten, um genau zu sein. "Einfach machen. Lassen kann ich es ja jederzeit wieder", hab ich mir da gedacht. Was folgte, war erst einmal mehr Durst. Irgendwo muss das Wasser ja herkommen. Aber dann ...
Dann fing ich an, mich unschlagbar zu fühlen. Nicht unbedingt, weil ich auf der Beinpresse, der Bank oder am Lastzug mehr bewegen konnte. Ich hatte eine unerschöpfliche Energie. Mit jeder Session, sei es Laufen oder das Gym, kam ein richtiges Trainings-High.
Es ist schwer zu erklären – du hast einfach viel mehr Spaß an dem, was du tust. Bist kurz mal erschöpft, dann direkt wieder startklar. Und diese Power macht einfach glücklich. Ein richtiger Confidence-Boost powered by Kreatin.
Jetzt aber zum Thema Wassereinlagerungen, das große Fragezeichen. Auch hier war ich überrascht. Sicher kennst du den Look deiner Muskeln, wenn du gerade eine Krafteinheit hinter dir hast.
Nach zwei Wochen hatte ich den schon direkt nach dem Aufwachen. Und nach etwa 6 Wochen war klar: Da hat sich einiges getan. Und zwar nur im Positiven. Also habe ich Freund*innen davon erzählt. Und zwei von ihnen sogar überzeugt, es selbst zu testen. Sie haben genau das Gleiche berichtet. So weit, so interessant. Aber was macht Kreatin denn nun?
Dafür habe ich David Cassier, Senior Product Line Manager bei ESN, jede noch so kleine Frage gestellt, die mir durch den Kopf gegeistert ist.
„Kreatin ist eine körpereigene Substanz, die aus den Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin gebildet wird – hauptsächlich in Leber, Niere und Bauchspeicheldrüse“, erklärt er. „Über die Ernährung, insbesondere durch Fleisch und Fisch, führen wir dem Körper zusätzlich Kreatin zu. Bei bestimmten Ernährungsformen – etwa einer vegetarischen oder veganen Ernährung – kann die Zufuhr über die Nahrung entsprechend geringer ausfallen.“
Das Kreatin, das wir aber in Pulverform in Shake, Bowl und Co. schütten, ist synthetisch, also für eine vegane Ernährung geeignet.
Und wieso wirkt es? „Kreatin dient dem Körper als schneller Energielieferant – vor allem in Situationen, in denen kurzfristig hohe Leistung gefragt ist. In den Muskelzellen sorgt es dafür, dass das körpereigene Energiemolekül ATP (Adenosintriphosphat) schneller regeneriert wird. Das ist besonders bei intensiven Belastungen wie Sprints, Krafttraining oder explosiven Bewegungen entscheidend. Der Effekt: Die körperliche Leistungsfähigkeit steigt – bereits ab einer täglichen Aufnahme von 3 g Kreatin.“
Nun ist das Gym aber nicht für alle der Happy Place. Manche zieht es eher auf die Tartanbahn, ins Pilatesstudio oder auf das Rennrad.
„Auch Athlet*innen aus anderen Disziplinen mit kurzen, intensiven Belastungsphasen – z. B. CrossFit, Hyrox, Kampfsport oder die meisten Ballsportarten – profitieren von der Kreatin-Einnahme“, heißt es.
Und auch bei Triathlon, Marathon und Co. sieht Cassier keine Nachteile:
„Für die meisten gesundheits- und fitnessorientierten Freizeitsportler*innen überwiegen jedoch die Vorteile – etwa die verbesserte Leistungsfähigkeit – deutlich. Viele Nutzerinnen berichten zudem von einem strafferen Look durch die Einnahme.“
Eine Beobachtung, die ich zu 100 % bestätigen kann. Und eine weitere kommt dazu: Alle vier Wochen fühle ich mich wie überfahren. Und keine Koffeinmenge, die noch als gesund gilt, kann das ändern. Juhu, PMS! Das Problem behebt das weiße Wunderpulver zwar nicht, aber immerhin falle ich dann nicht ganz so müde aus der Sporteinheit ins Auto.
Ob da wirklich etwas dran ist, kann David Cassier mir jedoch nicht bestätigen: „Kreatin könnte im weiblichen Zyklus eine unterstützende Rolle bei der Energieversorgung von Muskel- und Nervenzellen spielen. Die Forschung hierzu befindet sich jedoch noch im frühen Stadium. Daher können aktuell keine gesicherten Aussagen zum gezielten Nutzen von Kreatin bei Zyklusbeschwerden oder PMS getroffen werden.“
Und wer sollte es lieber nicht nehmen? Das sagt er dazu:
Personen mit bekannten Nierenerkrankungen
Schwangere und Stillende (mangels ausreichender Langzeitdaten)
Kinder und Jugendliche (nur unter ärztlicher Aufsicht)
Mit 5 Monaten haben sich meine Speicher nun ganz sicher gefüllt. Der Wow-Effekt, der mich am Anfang täglich begleitet hat, ist langsam verpufft. Die Trainingsergebnisse und der Spaß am Sport schießen aber weiterhin durch die Decke. Mein Fazit: Ich bleibe dran.