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Die Nuru-Schwestern im Gespräch über Kaffee-Business und Familientradition

Sara und Sali Nuru | © Julia Steinigeweg
© Julia Steinigeweg

Ex-Model Sara Nuru und ihre Schwester Sali haben zusammen ein Kaffee-Business gegründet – und dabei vieles unterschätzt. 

Model Sara Nuru über die Zusammenarbeit mit ihrer Schwester und ihr Kaffee-Ritual

"Ich vertraue allen meinen drei Schwestern, aber Sali und ich haben das innigste Verhältnis. Wir ergänzen uns. Während ich meist groß denke und Visionen habe, geht Sali Dinge realistischer an. Sie ordnet meine Ideen nach objektiven Kriterien ein und erdet mich durch ihre ruhige Art. Uns verband schon immer eine besondere Nähe. Bis zum Auszug aus unserem Elternhaus teilten wir uns ein Zimmer, später wohnten wir, wenn auch zufällig, in München im selben Haus. Als wir uns vor zehn Jahren beide von unseren damaligen Partnern trennten, wollte ich nach Berlin. Und Sali? Begleitete mich, um mir den Neustart zu erleichtern – eine große Schwester eben. Fünf Jahre lang teilten wir uns eine Wohnung im Prenzlauer Berg. Geschäftspartnerinnen wurden wir erst später.

Als ich 2013 von einer für mich sehr emotionalen Äthiopienreise mit einer Hilfsorganisation zurückkam, erzählte ich Sali von meinem Wunsch, mit dem Modeln aufzuhören und etwas gegen die Armut der Heimat unserer Eltern zu tun. Tagelang saßen wir in unserer Küche zusammen und brainstormten. Dabei kamen wir auf die Idee eines SocialCoffee-Business. Äthiopien ist ja das Ursprungsland des Kaffees, er hat dort eine wichtige kulturelle Bedeutung. Mit unserer Firma unterstützen wir heute Kleinbauern-Kooperativen und ermöglichen Frauen durch unseren Gewinn Mikrokredite, mit denen sie sich selbstständig machen können. Dass wir mittlerweile mehr als 400 dieser Kredite vergeben konnten, macht mich stolz. Gerade weil die Gründungsphase anstrengend war. Wir haben anfangs kein Geld verdient. Hinzu kam, dass mich potenzielle Geschäftspartner aufgrund meiner Modelvergangenheit belächelten. Sali hat mich aufgefangen, wenn ich mal wieder an mir selbst gezweifelt habe. Wollte ich aufgeben, hatte sie Mut für zwei. Das bewundere ich an ihr. Durch unser Business haben wir ein anderes Verständnis für die Herkunft und Kultur unserer Eltern. Aber auch wenn gemeinsames Kaffeetrinken bei uns ein Ritual ist, den ersten Kaffee des Tages (immer schwarz!) trinke ich am liebsten allein – auf dem Balkon, während ich in die Ferne schaue und wach werde."

Sali Nuru: "Kaffee hat die Kraft Menschen zu verbinden"

"Als Sara und ich vor sechs Jahren nuruCoffee gründeten, war das eine ziemliche Herausforderung. Durch unsere Nähe gab es Reibungspunkte. Wir haben uns einen Coach geholt, um zu lernen, wie wir Privates und Berufliches trennen und auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Es war spannend, Sara ganz anders kennenzulernen. Und es macht mich stolz zu sehen, wie professionell und durchsetzungsstark sie ist, obwohl ihr der wirtschaftliche Background fehlt. Anfangs haben wir unterschätzt, wie komplex der Bio-Kaffee-Handel ist. Die Suche nach Partnern, die genauso kompromisslos nachhaltig sind wie wir, war schwierig. Anders als bei Bio-Zertifizierungen gibt es für Fair Trade keine gesetzlich geregelten und staatlich kontrollierten Kriterien. Außerdem müssen für guten Kaffee viele Faktoren stimmen, z.B. die Anbauhöhe der Pflanzen, die Bodenbeschaffenheit, die Röstung…

Für unsere Familie hat das Thema eine emotionale Bedeutung. Als meine Mutter Mitte der 80er mit mir und unserer ältesten Schwester nach Deutschland kam, hatte sie nur einen Koffer mit Kleidung für uns dabei – und ihre Utensilien für eine Kaffeezeremonie. Jeden Mittwoch – symbolisch für den Wochentag, an dem wir nach Deutschland kamen – röstete sie auf der Straße vor unserem Wohnhaus Bohnen über offenem Feuer und mahlte sie von Hand zu Kaffee. Der Duft zog immer mehr neugierige Nachbarn an, die zuvor nicht wussten, wie sie mit dieser schwarzen Familie umgehen sollten. Bei einer Tasse Kaffee bekamen sie Antworten auf die Fragen, die sie sich zuvor hinter unserem Rücken stellten. Unsere Mutter sagt heute noch, dass Kaffee ihr Eisbrecher für die Integration war. Sara macht diese zeitaufwendige Zeremonie manchmal, wenn sie Freunde zum Dinner einlädt. Laut Tradition wird der Kaffee beim ersten Aufguss genossen, beim zweiten werden Probleme angesprochen, beim dritten geht es um die Lösung. Kaffee ist so viel mehr als ein To-go-Produkt. Er hat die Kraft, Menschen zu verbinden."

Die Nuru-Schwestern im Kurz-Portrait

  • Sara Nuru wurde am 19. August 1989 in Erding geboren, gewann 2009 die vierte Staffel „Germany’s Next Topmodel“ und brach dafür die Schule ab. 2016 gründete sie mit ihrer Schwester nuruCoffee und ist Botschafterin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Mit ihrem Partner lebt sie in Zürich. Hobbys: töpfern, kochen, wandern. Sternzeichen: Löwe.

  • Sali Nuru wurde am 10. Oktober 1985 in Äthiopien geboren, im Alter von acht Monaten zog sie mit ihren Eltern nach Oberbayern. Nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau und studierte Wirtschaftspsychologie. Sie lebt mit ihrem Mann und der vier Monate alten Tochter in Berlin. Hobbys: kochen, Freunde treffen, reisen. Sternzeichen: Waage.

Protokolle: Anna-Lena Koopmann

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