Geghostet vom Chef

Job-Ghosting: Was steckt hinter dem Arbeitstrend?

Eine Frau wartet auf einen Anruf | © Getty Images / Delmaine Donson
Wenn du nach der Bewerbung geghostet wirst liegt das nicht an dir
© Getty Images / Delmaine Donson

Ghosting im Job ist mindestens so real wie Ghosting im Dating. Außerdem vielleicht sogar genauso schmerzhaft. Und es kann jeden von uns treffen. Was dann? Was tun, wenn man vom Traumjob geghostet wird?

Wir alle ghosten oder wurden schon mal geghostet, oder?

Ganz kurz vorweg: Was ist "Ghosting"? Der Begriff kommt aus dem Dating und ist nichts Neues. Das Prinzip ist quasi so alt wie Dating selbst. Man lernt sich kennen – egal ob online oder offline – trifft sich und dann, nichts mehr. Kein Anruf, keine Nachricht, keine Antwort, kein Abschied, keine Erklärung, einer von beiden, bricht den Kontakt ab, verschwindet und wird zum Geist.

Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit hast du oder wurdest du schon mal geghostet. Entweder von einem Date, aber vielleicht auch von einer flüchtigen Bekanntschaft. Aber vom Arbeitgeber? Tatsächlich kommt Ghosting auch in der Arbeitswelt vor. Und zwar öfter als du denken würdest. Ein Drittel von Job-Bewerber:innen haben dieses Jahr in einer Studie angegeben, dass sie von einer Stelle nicht direkt abgelehnt wurden, sondern einfach nie eine Antwort erhalten haben.

Sei es nach dem Einreichen des Lebenslaufs, nach dem Vorstellungsgespräch oder sogar nach mehreren Gesprächen, Job-Ghosting kann dich immer treffen. Das bedeutet, dass Personalverantwortliche und Arbeitgeber es tatsächlich für eine gute Idee halten, den Kontakt zu Bewerber:innen im Sand verlaufen zu lassen, anstatt klare Entscheidungen zu kommunizieren. Aber warum? Warum sollte ein Personalverantwortlicher so etwas tun? Warum sollte sich ein Arbeitgeber oder eine Teamleitung dazu entscheiden, unterzutauchen? Im Gegensatz zu Date-Ghosting gibt es für Job-Ghosting tatsächlich Erklärungen.

So entsteht Job-Ghosting

Im ersten Bewerbungsschritt liegt es meist an der schieren Menge der Bewerbungen, die HR-Verantwortliche dazu verleiten zu ghosten. Warum auch immer du es nicht durch das ATS-Screening geschafft hast, das kann viele Gründe haben, aber, dass du keine Antwort mehr bekommst, liegt wohl daran, dass neben deiner noch viel zu viele weitere Bewerbungen auf dem Tisch der Personalabteilung gelandet sind. Ein ATS, das steht für Applicant Tracking System, sortiert im Schnitt mehr als die Hälfte der Lebensläufe aus, bevor ein*e Personalverantwortliche sie überhaupt zu Gesicht bekommt.

Deshalb ist es wichtig, diese Systeme schon beim ersten Schritt zu überlisten. Vergleiche drei bis fünf Jobs, die dem ähnlich sind, den du wirklich haben willst. Welche Schlüsselwörter haben sie alle gemeinsam? Füge diese Keywords in deinen Lebenslauf und dein Anschreiben ein.

In einem anderen möglichen Szenario kommst du einfach etwas zu spät und das Stellenangebot wurde schon auf Eis gelegt. Es mag an einem Einstellungsstopp oder einer internen Umstrukturierung liegen oder die Anforderungen für die Stelle werden neu formiert und diskutiert, dass die Stelle nun doch nicht oder noch nicht besetzt wird. Und schon wurde die Stelle, auf die du dich beworben hast, gestrichen. Solche Fälle sind besonders häufig und leider für die Personalabteilung nicht immer vorhersehbar.

Es ist vollkommen legitim als Bewerber*in per Mail nachzuhaken, wenn man nach einem oder mehreren Gesprächen keine Rückmeldung bekommt. Schick eine bis zwei Wochen nach dem letzten Kontakt eine E-Mail ab und stell eine konkrete Frage zu dem Job oder bitte um ein Telefonat, um eine Frage zu stellen. Wenn du darauf immer noch keine Antwort erhältst, bedeutet dies zum einen, dass du endgültig geghostet wurdest, zum anderen aber auch, dass dein potenzieller Arbeitgeber keine Skrupel hat, Kontakte abzubrechen – kein gutes Zeichen vor einem neuen Job-Eintritt.

Schließlich kann es aber auch sein, dass du keine Rückmeldung bekommst, weil du auf der Ersatzbank sitzt. Es kann sein, dass ein anderer Bewerber*in das Rennen gemacht hat oder die Stelle intern vergeben wurde. Solange der Vertrag noch nicht unter Dach und Fach ist, steckst du auf dem zweiten Platz und somit in der Anwärterliste fest.

Auch in diesem Fall kannst du die Initiative ergreifen. Melde dich mit einer konkreten Frage oder einem aktuellen Thema, welches das Unternehmen direkt betrifft. Positioniere dich so, dass der Arbeitgeber dein Interesse deutlich zu verstehen bekommt. Vielleicht ergibt sich bald eine andere Stelle oder eine neue Chance für dich.

Übrigens funktioniert Job-Ghosting genauso wie Date-Ghosting in beide Richtungen. Allerdings ist es gar keine gute Idee, auf Bewerber-Seite einfach unterzutauchen. Selbst wenn du nach einem konkreten Schritt in der Bewerbungs-Phase das Interesse verloren hast, solltest du dir keine zukünftigen Chancen in dem Unternehmen verbauen, indem du unhöflich wirst. Mit oder ohne Angebot, sobald du merkst, dass die Stelle nichts für dich ist, sag einfach höflich ab und biete an trotzdem weiter in Kontakt zu bleiben.

Job-Ghosting: Was steckt hinter dem Arbeitstrend?
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