Körperliche Beschwerden im Herbst sind nicht untypisch. Warum unsere Gelenke jetzt häufiger schmerzen, verraten Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht im Interview.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Weil Wärme und Kälte unterschiedliche Auswirkungen auf die Ursache der heute am häufigsten auftretenden Schmerzen haben. Diese große gemeinsame Ursache für Schmerzen von Kopf bis Fuß sind zu hohe Spannungen der Muskeln und Faszien. Ob Migräne, Nacken-, Schulter-, Rücken-, Hüft- oder Knieschmerzen, Achillessehnenschmerzen, Fußgelenkschmerzen, sogenannte Arthroseschmerzen oder chronische Schmerzen - sie alle plagen uns in den meisten Fällen, weil wir durch unsere Lebensweise, das Sitzen, zu geringe Nutzung der Bewegungsmöglichkeiten unserer Gelenke und durch unser "Alltagstraining" Muskeln und Faszien verkürzt und unflexibel gemacht haben.
Wie fühlen Sie sich in der angenehm heißen Badewanne? Entspannt, oder? Und in einer mit eiskaltem Wasser? Angespannt und verkrampft. Die Wärme entspannt Muskeln und Faszien, das mindert die Schmerzen. Kälte macht das Gegenteil. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die meisten Menschen im Herbst, wenn es kühler wird, mehr Schmerzen bekommen.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Bei den meisten Menschen herrschen durch die eben beschriebene Lebensweise viel Stress und zu hohe Spannung im Körper. Nachts legen wir uns meistens so hin, dass wir uns trotz dieser zu hohen Spannungen so wohl wie möglich fühlen und gehen in entsprechende Schonhaltungen. Beispielsweise schlafen die meisten Menschen in der Seitenlage mit einem oder sogar beiden Knien angezogen. Also in der "liegenden Sitzhaltung", weil sie tagsüber viel sitzen und das nicht ausgleichen.
Morgens sind die dabei beteiligten Muskeln auf "kurz" gestellt und wollen beim Aufstehen nicht nachgeben. Sie ziehen dagegen und das verursacht Schmerzen. Dann muss man sich bewegen. Sie geben erst widerwillig, aber dann immer besser nach und diese morgendlichen Anlaufschmerzen lassen nach. Am Abend passiert Folgendes: Wir legen uns hin und wenn beim Einnehmen dieser Position Muskeln länger werden müssen, dann verursacht das Schmerzen bis nach einiger Zeit die Längenverhältnisse wieder stimmen. Wenn die Muskeln aber zu sehr kurz und angespannt sind, hat man die ganze Nacht Schmerzen.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Das kann man fast mathematisch bestimmen: Je weniger wir unsere Gelenkwinkel, die eigentlich "eingebaut" sind, nutzen, desto mehr Schmerzen sind die logische Folge. Übrigens entstehen aufgrund der zu hohen Spannungen nicht nur Schmerzen, sondern auch all die Verschleißerscheinungen wie Arthrose, Meniskuseinrisse, Bandscheibenvorfälle, entzündete Achillessehnen, Schambeinentzündungen, Karpaltunnelsyndrome und Fersensporne. Die Liste lässt sich seitenlang fortsetzen. Aber jetzt kommt eine frappierende Tatsache: Heute nach über 30 Jahren Forschung und Erfahrung mit unzähligen Patienten können wir sagen, dass diese Schädigungen an der Körperstruktur meist mit den Schmerzen nichts zu tun haben. Sie können trotz der Arthrose 4. Grades schmerzfrei sein. Für das Knie haben wir das in einer ersten Pilotstudie klar zeigen können.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Indem wir die zu hohen Spannungen mindern und wieder normalisieren. Das geschieht automatisch bei unseren sogenannten Engpassdehnungen, in denen die Muskeln und Faszien auf eine ganz spezielle Art und Weise gedehnt und flexibel gekräftigt werden. Die Beweglichkeit wird größer, die Schmerzen verschwinden und der Verschleiß wird vom Körper wieder repariert, was in den meisten Fällen noch gut funktioniert. Und natürlich auch, indem wir uns gesund ernähren, hauptsächlich mit vollwertiger Pflanzenkost.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Genauso, wie wenn wir ihnen vorbeugen möchten. Bei akuten, aber auch bei chronischen Schmerzen gibt es noch die Möglichkeit unserer Osteopressurbehandlung. In unserer Therapie drücken ausgebildete Ärzte, Physiotherapeuten und Heilpraktiker auf bestimmte Punkte an den Knochen und das veranlasst das Gehirn, die zu hohen Spannungen im Minuteneffekt zu senken. Dann müssen allerdings auch die Übungen von Patienten regelmäßig, aber nicht mehr als meist nur zehn bis 15 Minuten am Tag durchgeführt werden, damit die Schmerzen dauerhaft beseitigt sind.
Dr. Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht: Indem wir uns mit den Engpassdehnungen überall dort wieder Nachgiebigkeit und Flexibilität antrainieren, wo die Verspannungen und die Unnachgiebigkeiten in den Muskeln und Faszien sitzen.