Die älteste Heilkunst der Welt

Ayurveda: Wie lebt und ernährt man sich ayurvedisch?

Yoga und Ayurveda haben mit Indien nicht nur ihre Herkunft gemein, die beiden Lehren ergänzen einander auch optimal. | © iStock | olegbreslavtsev
Yoga und Ayurveda haben mit Indien nicht nur ihre Herkunft gemein, die beiden Lehren ergänzen einander auch optimal.
© iStock | olegbreslavtsev

Körper, Geist und Seele ins Gleichgewicht bringen, den Körper entgiften, Selbstheilungskräfte aktivieren und ein glücklicheres Leben in einem gesünderen Körper führen. All das verspricht die ayurvedische Heilkunde. Was Ayurveda bedeutet, wie man den Körper mit ayurvedischer Ernährung entgiftet und warum Ayurveda-Kuren so beliebt sind.

Was ist Ayurveda?

Die Bezeichnung Ayurveda stammt aus dem Sanskrit und bedeutet wörtlich übersetzt „das Wissen (Veda) vom Leben (Ayus)“. Ayurveda ist also die Wissenschaft vom Leben. Das Ziel einer ayurvedischen Lebensweise und Ernährung: die Gesundheit gesunder Menschen erhalten und Kranke heilen – sowohl physisch als auch mental, emotional und spirituell.

Die Ayurveda-Lehre versteht sich nicht nur als simple Heilkunde oder therapeutische Einzelmaßnahme, sondern als ganzheitliche Gesundheitslehre, die bereits vor über 5.000 Jahren auf dem indischen Subkontinent entstand. Sie gehört damit zu den ältesten holistischen Heilmethoden der Welt. 1976 wurde Ayurveda von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als „traditionelle Medizin“ anerkannt. Ihr oberstes Ziel ist das Gleichgewicht von Körper, Geist, Seele und Umwelt. Denn nur wer ausgeglichen und mit sich im Reinen ist, bleibt gesund und leistungsfähig. 

In Asien hat die ayurvedische Lehre bis heute zahlreiche Anhänger – insbesondere in Indien, Nepal und Sri Lanka. Dort wird Ayurveda wissenschaftlich gelehrt. In Indien gibt es sogar einen offiziellen Studiengang für Ayurveda-Medizin, der mit dem „Bachelor of Ayurvedic Medicine and Surgery“ abgeschlossen wird.

Nichtsdestotrotz gilt Ayurveda nicht als evidenzbasierte Schulmedizin, weshalb die Lehre insbesondere im westlichen Kulturkreis immer wieder mit Vorurteilen zu kämpfen hat. In Europa dient Ayurveda vor allem als Basis für Wellness-Behandlungen und Kuren. Und besonders die ayurvedische Ernährung ist beliebt und verbreitet.

Ayurvedische Ernährung: Essen ist Medizin

Grundsätze der Ayurveda Ernährung 

Wie viele holistische Gesundheitslehre sieht auch Ayurveda Nahrung als Medizin an. Ein wichtiger Weg, um gesund zu bleiben und Krankheiten vorzubeugen, ist also eine gesunde Ernährungsweise. Nicht nur die Geschmacksrichtung eines Lebensmittels ist ausschlaggebend, auch seine Qualität und Zubereitung. 

Die Verdauung spielt in der Ayurveda-Lehre eine sehr wichtige Rolle. Denn sie ist entscheidend dafür, ob die Nahrung richtig aufgenommen, verwertet und verdaut wird. Damit dies gelingt, empfiehlt die ayurvedische Küche, folgende Dinge zu beachten:

  • Qualitativ hochwertige natürliche Lebensmittel aus der Region

  • Möglichst frisch und warm essen

  • Leicht verdauliche Speisen bevorzugen (als schwer verdaulich gelten Käse, Eier, Fisch, Fleisch und Fettiges)

  • Der größte Teil einer Mahlzeit sollte gekocht sein, da der Körper gekochte Speisen leichter aufnehmen kann (Rohkost wie Salat nur als Beilage)

  • Ghee statt Butter oder Öl verwenden, da es das Gewebe reinigt

  • Drei regelmäßige Mahlzeiten am Tag, keine Snacks zwischendurch

  • Die Hauptmahlzeit ist das Mittagessen, Abendessen und Frühstück sollten leicht ausfallen (abends z.B. Suppen, Eintöpfe, Reis mit Gemüse)

  • Hülsenfrüchte wie Linsen, Mungobohnen und Kichererbsen vor allem mittags essen, denn gegen Mittag ist die Verdauung am stärksten und kann Proteine besser verwerten

  • Ayurveda-Rezepte mit Getreide, Kartoffeln, Teigwaren und Fetten sollten immer auch Gemüse enthalten

  • Auf den Dosha-Typ abgestimmte Gewürze und Kräuter verwenden, da sie die Verdauung unterstützten (zum Beispiel Koriander, Ingwer, Fenchel, Kardamom, Kurkuma, Safran)

  • Vermeiden: Eisgekühlte Speisen und Getränke, Fertigprodukte, Alkohol, Fleisch und säurehaltige Lebensmittel (fördern Sodbrennen)

Gewürze im Ayurveda

Eine große Rolle in der ayurvedischen Küche spielen außerdem die Gewürze. Als die zehn Königsgewürze der ayurvedischen Küche werden Nelken, Kurkuma, Ingwer, Kardamom, Koriander, Kreuzkümmel, Muskat, Pfeffer, Safran und Zimt bezeichnet. Sie stärken den Körper und bringen ihn wieder ins Gleichgewicht.

Basische Lebensmittel im Überblick

Frau hält frischen Spinat in den Händen, auch Baby Leaf genannt | © iStock | knape

Elemente und Doshas im Ayurveda

Die Ayurveda-Lehre geht davon aus, dass jedes körperliche oder seelische Ungleichgewicht ein Problem darstellt und Krankheiten verursacht. Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung sind die sog. Doshas, die das Gleichgewicht bestimmen. Sie sind den fünf Elementen Raum, Wasser, Erde, Luft und Feuer zugeordnet.

Die fünf ayurvedischen Elemente

Die Lehre von den „fünf großen Elementen“ (Sanskrit: Pancamahàbhùta) bildet die naturphilosophische Grundlage des Ayurveda. Ihr zufolge besteht die Welt aus fünf Elementen:

  1. Äther (Raum)

  2. Feuer

  3. Wasser

  4. Luft

  5. Erde

Die ayurvedische Philosophie besagt, dass jeder Organismus – egal ob Pflanze, Tier oder Mensch – aus diesen fünf Grundstoffen besteht. Im menschlichen Körper finden sie sich unter anderem in den fünf Sinneswahrnehmungen wieder:

  • Hören (Raum)

  • Sehen (Feuer)

  • Schmecken (Wasser)

  • Fühlen (Luft)

  • Riechen (Erde)

Da die verschiedenen Elemente in jeder Person unterschiedlich stark ausgeprägt sind, geht Ayurveda von einer großen menschlichen Individualität und Diversität aus. Jeder einzelne ist mit besonderen körperlichen und seelischen Stärken und Schwächen ausgestattet.

Die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha

Raum, Feuer, Wasser, Luft und Erde verbinden sich in verschiedenen Konstellationen und Ausprägungen zu drei Grundenergien, den sogenannten Doshas. Sie sind in jedem Organismus unterschiedlich stark vertreten und ermöglichen eine Unterteilung in drei Grundtypen:

  1. Vata (Luft und Äther)

  2. Pitta (Feuer und Wasser)

  3. Kapha (Erde und Wasser)

Wenn nur ein Dosha vorherrscht, ist die Zuordnung leicht, denn die Merkmale und Eigenschaften sind eindeutig zu erkennen. Wenn zwei oder drei Doshas die Konstitution eines Menschen prägen, vermischen sich die Eigenschaften und Körpermerkmale. Man spricht dann von Mischtypen, zum Beispiel dem Vata-Kapha-Typ, dem Pitta-Vata-Typ oder dem Kapha-Vata-Typ.

Funktionen und Merkmale der drei Doshas

  • Vata: Bestehend aus den Elementen Luft und Raum, gilt Vata als Lebensenergie. Im Körper reguliert es alle Aktivitäten, unter anderem Atmung, Nervensystem und Bewegung. Ist Vata im Gleichgewicht, sorgt es für Flexibilität und Kreativität. Ist es im Ungleichgewicht, kann es Nervosität, Schlaflosigkeit und Verdauungsbeschwerden hervorrufen.

  • Pitta: Das aus Feuer und Wasser bestehende Dosha steht für die Energie der Erhitzung und wirkt sich auf alle Umwandlungsprozesse aus. Es reguliert alle biochemischen Vorgänge im Organismus, den Stoffwechsel und die Verdauung. Ist Pitta im Gleichgewicht, sorgt es für Verständnis, Aufnahmebereitschaft und Lernfähigkeit. Zu viel Pitta führt zu Wut, Verdauungsproblemen und Entzündungen.

  • Kapha: Dieses Dosha besteht aus den Elementen Wasser und Erde und gilt als formende, zusammenhaltende Energie. Im Körper reguliert Kapha den Aufbau der Körperstrukturen, sorgt für Gelenkigkeit und Stabilität – sowohl geistig als auch körperlich. Ist Kapha in Balance, sorgt es für Ruhe und Liebe. Ist es im Ungleichgewicht kann es Trägheit, Erkältungen und Übergewicht hervorrufen.

In seltenen Fällen sind die drei Doshas so ausgewogen, dass eine Tridosha-Konstitution vorliegt. Solche Menschen sind von Natur aus sehr ausgeglichen und widerstandsfähig gegen gesundheitliche Störungen. Eine ausgewogene Tridosha-Konstitution ist daran erkennbar, dass es keine extremen Ausprägungen gibt, die für einen der drei Dosha-Typen sprechen.

Kennst du deine Zuordnung, so ist es bei der ayurvedischen Ernährung zum Beispiel Voraussetzung, dass du dich entsprechend deines Typs ernährst, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Ayurvedische Ernährung nach den Elementen

Da auch die Nahrung von den fünf Elementen bestimmt wird, können Nahrungsmittel sowohl gut als auch schädlich sein – abhängig davon, welcher Dosha-Typ man ist. Jede Geschmacksrichtung – süß, sauer, salzig, scharf, bitter und zusammenziehend (bitter und sauer zugleich) – wirkt sich unterschiedlich auf die einzelnen Doshas aus. Süß fördert zum Beispiel Kapha, senkt aber Vata und Pitta. Bitter fördert Vata und senkt Kapha und Pitta. Vata-Typen werden daher süße, saure und salzige Nahrungsmittel empfohlen, Pitta-Typen eher süße, bittere und zusammenziehende. Kapha-Typen sollten hauptsächlich scharfe, bittere und zusammenziehende Speisen zu sich nehmen.

Gesundheit und Krankheit im Ayurveda

Unter Gesundheit versteht die Ayurveda-Lehre mehr als nur die Abwesenheit von Krankheit. Vielmehr geht es um Svastha, ein Zustand, der mit „im natürlichen Zustand befindlich“ oder „im Selbst verweilen“ übersetzt werden kann. Wer seinen eigenen Dosha-Typ kennt, kann ideal auf die Bedürfnisse von Körper, Geist und Seele eingehen und dafür sorgen, dass die Doshas in Balance bleiben.

Wie entsteht Krankheit nach ayurvedischer Vorstellung?

Krankheiten werden im Ayurveda als Disharmonie des inneren Gleichgewichts definiert. Sie beginnen immer dann, wenn der natürliche Gesundheitszustand (Prakriti) mit einem krankmachenden Faktor in Berührung kommt. Dann gerät das Dosha-Gefüge aus dem Gleichgewicht und verändert die innere Grundkonstitution. Die Folgen sind Beschwerden und Krankheiten – sowohl physischer als auch psychischer Natur. Dosha-störende, krankmachende Faktoren sind zum Beispiel:

  • unpassender, exzessiver oder zu geringer Gebrauch der Sinne und daraus resultierende Handlungen

  • falsche, ungesunde Ernährung

  • ungesunde Lebensgewohnheiten

  • ungesunde Arbeitsbedingungen

  • psychische Belastung

  • starke Stressbelastung

  • Unterdrückung Dosha-typengerechter Verhaltensweisen

  • Klima und Umweltbelastung

Viele Dosha-Störungen manifestieren sich im Anfangsstadium vor allem im energetischen und emotionalen Bereich. Erst später folgen körperliche Krankheitssymptome.

Zwar versteht sich Ayurveda als Lehre mit heilender Wirkung, im Vordergrund steht aber die Vorbeugung. Wer die ayurvedischen Prinzipien im Alltag berücksichtigt und dafür sorgt, dass die drei Doshas in Harmonie mit der eigenen Konstitution stehen, kann Krankheiten vermeiden.

Gesund leben: Kleine Tricks mit großer Wirkung

gut gelaunte Frau im Sommerurlaub | © iStock | mihailomilovanovic

Ayurveda Kuren und Massagen

Neben einer hochwirksamen Pflanzenheilkunde spielen äußerlich und innerlich reinigende Therapiemaßnahmen eine große Rolle im Ayurveda. Da ayurvedische Ölmassagen, Schwitz- und Fastenkuren innere Balance und Gesundheit versprechen, erfreuen sie sich auch in Europa großer Beliebtheit. Neben speziellen Behandlungen zur Entgiftung und Stärkung des Immunsystems wird eine Ayurveda-Kur meist mit Yoga, Atem- und Entspannungsübungen sowie einer ausgewogenen Ernährung abgerundet.

Entspannungsübungen zum Stress abbauen

Frau bei einer Entspannungsübung auf der Yogamatte | © iStock | PeopleImages

Typische Ayurveda-Massagen

Abhyanga gilt als Mutter der Massagen und bedeutet so viel wie „einsalben“. Genau darauf liegt auch der Fokus dieser ayurvedischen Ganzkörperanwendung: Warmes Öl wird auf der Haut verteilt und sanft einmassiert. Dabei können Geist und Körper entspannen und Blockaden gelöst werden. Außerdem sollen durch die Ayurveda-Massage Giftstoffe aus dem Körper geleitet und die Doshas ins Gleichgewicht gebracht werden – immer mit dem Ziel, Krankheiten zu verhindern oder zu lindern.

Bei Ayurveda-Massagen kommt warmes Öl zum Einsatz, das in die Haut einmassiert wird. | © iStock | SrdjanPav
Bei Ayurveda-Massagen kommt warmes Öl zum Einsatz, das in die Haut einmassiert wird.
Foto: iStock | SrdjanPav

Achtsamkeit lernen durch Meditation und Yoga

Mit Ayurveda-Praktiken wie Yoga und Meditation kann man einerseits seine körperliche Konstitution verbessern und andererseits mehr Achtsamkeit in den Alltag integrieren. Denn wer in einem entspannten Zustand bewusst innehält, lernt sich selbst besser kennen und arbeitet an seiner inneren Balance. Regelmäßiges Meditieren wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden und den emotionalen Zustand aus, was langfristig die Gesundheit fördert. Diese Vorteile bringen Ayurveda-Meditation und Yoga mit sich:

  • Stärkung von Herz, Kreislauf und Immunsystem

  • Stabilisierung des Blutdrucks

  • Minderung von Schlafstörungen

  • Leichtere Stressbewältigung

  • Bekämpfung psychischer Erkrankungen wie Depressionen und Burnout

  • Überwindung von Angstzuständen und Abhängigkeiten

  • Schmerzlinderung bei chronischen Krankheiten wie Allergien, Asthma oder Migräne

  • Verbesserung von Konzentration und Aufmerksamkeit

  • Emotionale Ausgeglichenheit

Die besten Yoga-Übungen für Einsteiger und Fortgeschrittene

Yoga Übung Dreieck | © iStock | da-kuk

Wer ayurvedisches Yoga ausprobieren oder ein Seminar belegen möchte, ist bei Yoga Vidja richtig. Europas größtes Netzwerk von Yoga-Zentren, Ashrams und Yogalehrern wurde 1992 von Sukadev Bretz gegründet und wächst seitdem stetig. Neben Yogalehrern bildet der gemeinnützige Verein auch Yoga-, Meditations- und Ayurveda-Therapeuten aus.

Auch interessant: Zu den beliebtesten ayurvedischen Getränken gehört vor allem die Goldene Milch. Sie gilt als das Wundermittel für Gesundheit und Körper.

Entspannungsübungen zum Stress abbauen

Frau bei einer Entspannungsübung auf der Yogamatte | © iStock | PeopleImages
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